2015-10-04 - 18. Sonntag nach Trinitatis - Renate Switala

(PREDIGT Markus 12,28-34)


Das wichtigste Gebot?
28 Ein Schriftgelehrter war von der Antwort beeindruckt, die Jesus den Sadduzäern gegeben hatte. Deshalb fragte er ihn: «Welches von allen Geboten Gottes ist das wichtigste?»

29 Jesus erwiderte: «Dies ist das wichtigste Gebot: 'Höre, Israel! Gott allein ist Herr. Neben ihm gibt es keinen Gott.

30 Ihn sollst du mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, deinem ganzen Verstand und deiner ganzen Kraft lieben.'4

31 Ebenso wichtig ist das andere Gebot: 'Liebe deine Mitmenschen, so wie du dich selber liebst!'5 Es gibt kein anderes Gebot, das lebenswichtiger ist als diese beiden.»

32 Darauf meinte der Schriftgelehrte: «Meister, du hast recht. Es gibt nur einen Gott und keinen anderen neben ihm.

33 Ihn sollen wir lieben mit ganzem Herzen, mit unserem ganzen Verstand und mit aller Kraft. Und auch unsere Mitmenschen sollen wir so lieben wie uns selbst. Das ist mehr als alle Opfer, die wir Gott bringen könnten.»

34 Jesus erkannte, dass dieser Mann ihn verstanden hatte. Deshalb sagte er zu ihm: «Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt.» Danach wagte niemand mehr, Jesus weitere Fragen zu stellen.

(Übersetzung: Hoffnung für Alle )


Diese Geschichte ist uns von mehreren Evangelisten unterschiedlich überliefert. Es ist noch nicht lange her, da war die Geschichte vom barmherzigen Samariter Predigttext, und da stellt Jesus die Frage, und der Schriftgelehrte ist derjenige, der antwortet. Er hatte vorher sozusagen scheinheilig gefragt, was er tun müsse, um das ewige Leben zu erben. Und Jesus führt ihn an die Quellen zurück, die er als Schriftgelehrter eigentlich durchaus kennt. In der alttestamentlichen Lesung für heute stehen die Zehn Gebote. Ich habe überlegt, ob ich sie als erste Lesung in diesen Gottesdienst einbringe, dann bin ich aber davon ausgegangen, dass viele die Gebote noch kennen, zum Beispiel aus der Konfirmandenzeit.


Nach dem Bericht des Evangelisten Markus ist das das letzte Gespräch, in das Jesus von den Pharisäern und den anderen verwickelt wurde. Und hier tritt nun einer von den Schriftgelehrten, also einer von denen, die in langjähriger Ausbildung die Bibel studiert und gelernt hatten, hinzu und fragt Jesus etwas, was ihm selber sehr wichtig ist: es die die Frage nach einer Zusammenfassung all dessen, was er gelernt hatte: die Frage nach dem höchsten, dem wichtigsten Gebot von allen.
Er wollte dies nur deshalb fragen, weil er gesehen hatte, dass Jesus gute Antworten auf die vorherigen Fragen gegeben hatte Jesus aber antwortete ihm:“ Das höchste Gebot ist das: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein. Neben ihm gibt es keinen Gott.“


Hier wird von Gebot gesprochen. Nun ist die Frage: Was ist ein Gebot?


Gebot aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie


Synonyme: Grundsatz, Vordernis, Vorschrift, Befehl, Regel, Gesetz


Ein Gebot ist eine verbindliche Anweisung, die als positives Gebot oder als negatives Gebot, also als Verbot, gefasst sein kann. Gebote sind allgemein nicht einfach Gesetze, da nicht jedem Gebot auch Gesetzeskraft zugeschrieben wird.


Die Zehn Gebote , auch bekannt als „Dekalog“ (Von dem griechischen Wort dekalogos „Zehnwort“) sind überwiegend als Verbote formuliert. Sie sind ein wichtiger Teil der jüdischen Bundes-Tradition mit Gott und sind als Empfehlung für ein Leben in Verbindung mit Gott zu sehen.


Das Christentum übernimmt einen Großteil des Bestands allgemeiner jüdischer Gebote, etwa den Dekalog/Zehn Gebote, nicht aber zahlreiche Vorschriften des jüdischen Ritus, Reinheits- und Speisegesetze. Besondere Betonung im Neuen Testament erfahren dabei bestimmte Gebote aus dem Alten Testament: das Gebot der Liebe zu Gott, sowie das Gebot der Nächstenliebe..
Wenn Jesus Christus von Geboten spricht, stellt er sie oft in Beziehung zur Gottesliebe, etwa bei Johannes 14,21: Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird auch von meinem Vater geliebt werden.


Wenn wir eine Beziehung zu Jesus Christus aufbauen, werden wir anfangen seine Gebote zu lieben und auch die Kraft bekommen sie zu halten. So wie es in Psalm 119, 127 steht: “Ich liebe deine Gebote von ganzem Herzen, sie sind mir wertvoller als das kostbarste Gold. Jedes deiner Gebote ist wirklich gerecht, deshalb hasse ich alle Falschheit. Deine Weisungen sind wunderbar, deshalb halte ich sie!”

 

Begrenzungen, Spielregeln, Gesetze machen Sinn! Gebote Gottes machen auch Sinn, weil sie uns leiten, sowie uns und andere schützen! -Deshalb können wir Gottes Gebote lieben.

 

"Höre, Israel: Der Herr, unser Gott, ist allein Herr. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“
Jesus zitierte das "Shema", ein jüdisches Glaubensbekenntnis aus 5. Mose 6,4&5: Das Schma Jisrael ist einer der am häufigsten gesprochenen Texte der Bibel. Jeder gläubige Jude spricht ihn täglich zweimal, morgens und abends.

 

Jesus fasste die Verantwortung des Menschen vor Gott zusammen: Gott mit dem gesamten Herzen, Seele, Verstand und Kraft zu lieben. Gott soll den ersten Platz im Leben eines Menschen haben. Keine andere Liebe darf die Liebe zu Gott verdrängen.


Wenn ich diese Antwort höre, dann wird mir im ersten Augenblick schon etwas schwindlig: "Liebe Gott mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand, mit aller deiner Kraft!" Das heißt doch: "Liebe Gott mit allem was du hast und bist!" Und: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" Ich weiß nicht wie es Euch bei diesen Worten geht, aber ich habe den Eindruck, dass dieser Jesus da etwas fast Unmögliches von mir verlangt. Sicher, ich will Gott schon mit meinem ganzen Sein lieben, aber ist das, was ich habe, denn auch wirklich genug? Und selbst wenn das genug ist, schaffe ich das überhaupt? Gott von ganzem Herzen zu lieben? Mit meiner ganzen Seele? Mit meinem ganzen Verstand? Mit all meiner Kraft? Ich bin schließlich ein Mensch, der sein Herz seinem Partner geschenkt hat, dessen Seele nicht nur an Gott, sondern auch an Hobbys hängt, der seinen Verstand alltäglich auf der Arbeit und ganz allgemein zum Leben benötigt, dessen Kraft irgendwann auch erschöpft ist! Kann es sein, dass Gott von uns verlangt, dass wir all dies aufgeben sollen, dass wir uns selbst aufgeben sollen, nur um ihn zu lieben? Was heißt das eigentlich: "Gott lieben"?



Was bedeutet das Wort Liebe und woher kommt dieses Wort eigentlich? 

Gefragt ist hier nicht,-- noch nicht, was die Liebe in unserem Leben bedeutet, sondern erst einmal nur die Wortherkunft. Im Mittelalter gab es dieses Wort noch nicht in dieser Form, dafür ein anderes Wort, das wohl jeder kennt und zwar die Minne. Man denke hierbei auch an einem Minnesänger aus mittelalterlichen Zeiten. Mit Minne wurde die Zuwendung bezeichnet, die man Gott in Liebe entgegenbringt oder auch einen anderen Menschen gegenüber empfindet. Minne war somit nicht auf eine geschlechtliche Vereinigung ausgerichtet, sondern eine geistige Zuwendung. Wer nun reinen Herzen oder auch nicht, Gott oder einen anderen Menschen viel Minne entgegen brachte, der war ein liubi Mensch. Ob diese Satzstellung richtig ist, daran bestehen berechtigte Zweifel, heute würden wir zumindest sagen bzw. schreiben, ...der war ein lieber Mensch. Mit der Zeit wurde aus luibi nach und nach Liebe und die Liebe verdrängte die Minne. Doch damit mögen sich Sprachgelehrte auseinander setzen.

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang nur, die Frage "Was bedeutet das Wort Liebe.


Liebe ist im Allgemeinen die Bezeichnung für die stärkste Zuneigung und Wertschätzung, die ein Mensch einem anderen entgegenzubringen in der Lage ist.


Jesus sagt: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften und deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Das Auffällige ist: Es geht immer um Liebe. Das heißt: im Glauben geht es nicht vor allem um Gebote, es geht nicht um ein bestimmtes Verhalten, sondern es geht zu allererst um Liebe. Wenn wir genau hinschauen, sind es drei Aspekte von Liebe, die hier genannt werden: Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe. Alle drei sind wichtig. Wenn eins fehlt, werden die anderen auch beeinträchtigt. Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe hängen zusammen wie die drei Seiten eines Dreiecks. Gott oben Du und ich unten.

 

1. Gott lieben / Gottesliebe. Gott wünscht sich von uns zuerst und vor allem anderen nichts weiter als dass wir ihn lieben. Nicht Ehrfurcht, Treue und Gehorsam verlangt er, sondern Liebe, die das alles umfasst. Gott ist der einzige, der wahre, der lebendige Gott. Der uns in seiner Hand hält, der uns schon tausendmal auf unserem Lebensweg seine Liebe bewiesen hat - und der nichts mehr wünscht, als dass wir diese Liebe erwidern.

 

„Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ So lesen wir im 1. Johannesbrief. Und dort heißt es weiter: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ Man kann Gott gar nicht lieben, ohne vorher seine Liebe zu empfangen. Damit sind wir als Menschen ganz einfach überfordert. Erst wenn wir erkannt haben, dass Gott uns liebt, dass er für uns sorgt, dass er gut zu uns ist, können wir Gott lieben. Wir können ihn immer nur zurück lieben.


Manchen Menschen fällt es schwer, Gott zu lieben. Wir alle haben ein Bild von Gott, ein strenges oder ein liebevolles, je nachdem, was uns von Gott erzählt wurde.

 

2. Nächstenliebe / Wenn ich Gott liebe, dann werde ich auch meinen Nächsten lieben. Im 1. Johannesbrief lesen wir: „Wenn je-mand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht.“ Gottesliebe und Nächstenliebe gehören zusammen. Es gibt keine wirkliche Gottesliebe ohne Nächstenliebe.

 

Nächstenliebe – was kann das heißen? Das können ganz einfache, kleine Dinge sein: ein Lächeln an der Kasse, jemandem zuhören, dem es nicht gut geht, dem Nachbarn helfen. Es können aber auch ganz große, politische Dinge sein: Mich nicht nur um meine kleine Welt zu drehen, sondern mich auch dafür zu interessieren, was in der Welt vor sich geht. Global denken, lokal handeln. Das heißt: wir haben die Schwachen und Benachteiligten weltweit im Blick, aber wir kümmern uns zuerst um die Schwachen und Benachteiligten in unserem Ort.

 

3. Nächstenliebe / Eine gesunde Selbstliebe ist Voraussetzung für die Nächstenliebe. Nur wer sich selbst lieben kann, kann auch seinen Nächsten lieben. Wer immer nur an sich herum nörgelt und mit sich selbst unzufrieden ist, der wird auch am anderen kein gutes Haar lassen. Deshalb gehören Nächstenliebe und Selbstliebe ganz eng zusammen. Wenn ich mich selbst nicht lieben kann, dann werde ich auch meinen Nächsten nicht lieben können.

 

Die Frage der Selbstliebe, der Selbstannahme ist ein großes Thema unserer Zeit. Vielen Menschen fällt es schwer, zum Beispiel ihren Körper so anzunehmen, wie er ist. Zufrieden damit zu sein, auch wenn ich damit nicht Amerika’s next Topmodel werden kann.

 

Wie ist das? Kann ich auch dann mit mir zufrieden sein, wenn ich nicht so schön und nicht so erfolgreich bin wie andere? Kann ich trotzdem zufrieden sein mit dem, was mir gegeben ist oder habe ich ständig das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein?

 

Kann ich sagen: ”Ich mag mein Leben. Es ist zwar nicht alles so, wie ich mir das vorstelle, aber ich bin trotzdem zu-frieden und glücklich.“ Oder sind die Unzufriedenheit und der Frust über mein Leben längst so groß, dass ich mich selbst nicht mehr liebe, sondern hasse? Und dass ich auch an anderen Menschen nichts Gutes mehr finde?


„Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften und deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe gehören zusammen. Wenn alle drei gleichmäßig entwickelt sind, dann kann unser Leben gelingen. Dann sind wir „nahe am Reich Gottes“.

 

Aber weil wir das trotz unserer ehrlichen Bemühungen allein nicht schaffen, Gott, unseren Nächsten und uns selbst zu lieben, sind wir immer wieder auf Gottes Gnade angewiesen. Gott erwartet nicht, dass wir in allem perfekt sind und wir müssen ihn mit unserer Leistung nicht beeindrucken. Er selbst ist die Quelle aller Liebe, darum können wir mit unserem Mangel an Liebe zu ihm kommen und ihn bitten, die Liebe in uns zu entzünden und wachsen zu lassen.

 

Kommen wir zurück zu unserer Geschichte vom Anfang. Der Schriftgelehrte hat die Worte Jesu gehört.


Und was passiert?: statt, dass der Schriftgelehrte sagt: ja, aber -: auch da ist noch dieses oder jenes zu bedenken und - vielleicht müsste man noch hier und da... - nein! Nichts in dieser Richtung, sondern das Gegenteil:" Du hast wahrhaftig recht geredet" und noch mehr: der Schriftgelehrte wiederholt nicht nur Jesu Antwort - er zieht auch gleich Konsequenzen aus dem, was Jesus gesagt hat, nämlich: "das ist mehr als Brandopfer und Schlachtopfer."


Das, was du sagst Jesus, das leuchtet mir ein, damit hast du recht. Er stimmte von Herzen zu und stellt deutlich fest, dass Liebe zu Gott und zum Nächsten wichtiger ist als irgendwelche Rituale. Er gab zu, dass Gott sowohl am Äußeren als auch am inneren des Menschen interessiert ist.

 

Dem Schriftgelehrten ging durch Jesu Antwort plötzlich ein Licht auf: „Von Gott her bin ich gehalten und getragen: von Gott her bekommt mein Leben Sinn: ich bin nicht in dieser Welt allein gelassen. Gott hat sich auf meine Seite gestellt - in seiner Liebe erlässt er Schuld und macht mich gerecht. Das Leben mit Gott ist die Form, die alles andere prägt. Dieser Glaube hat ihn frei gemacht!”


Der uns fremde Schriftgelehrte ist uns damit nähergekommen. In dieser Liebe zu Gott liegt die Liebe zum Nächsten unmittelbar verwoben: sie ist immer spontan und immer individuell neu, denn sie kann jetzt gesehen werden aus dem Getragensein in Gott. Damit ist sie aber auch eine freie und eine befreite Liebe: befreit von Ängsten, denn "wer kann gegen uns sein, wenn Gott für uns ist?" (vgl. Röm 8,31)

Noch einmal spricht Jesus dann zu ihm. Er bestätigt das Nachdenken des Schriftgelehrten als er zu ihm sagte: “Du bist nicht fern vom Reiche Gottes”. Es ist wahr: im Tun werden wir in Gottes Herrlichkeit mit hineingezogen. Nicht feste Vorstellungen setzen dann mehr die Grenzen, sondern unsere Taten werden zu Definitionen. Wir kosten dann ein wenig von dem, worauf wir seit Christi Auferstehung hoffen.


Echte Untertanen des Reiches wissen, dass Gott das Herz anschaut, und sie suchen ihn.


Amen

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