2016-06-26 - 5. Sonntag nach Trinitatis - Pastor Horst Meyberg

(Apostelgeschichte 19, Vers 1-8)


Es geschah aber, als Apollos in Korinth war, dass Paulus durch das Hochland zog und nach Ephesus kam und einige Jünger fand.
Zu denen sprach er: "Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet?"
Sie sprachen zu ihm: "Wir haben noch nie gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt."
Und er fragte sie: "Worauf seid ihr denn getauft?" Sie antworteten: "Auf die Taufe des Johannes."
Paulus aber sprach: "Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und dem Volk gesagt, sie sollten an den glauben, der nach ihm kommen werde, nämlich an Jesus."
Als sie das hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus.
Und als Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und weissagten.
Es waren aber zusammen etwa 12 Männer.
Er ging aber in die Synagoge und predigte frei und offen drei Monate lang, lehrte und überzeugte sie vom Reich Gottes.



Liebe Gemeinde!


Auf seiner Missionsreise ist Paulus nach Ephesus gekommen, einer Hafenstadt in Klein-Asien, eine wichtige griechische Kolonie und seit der Eroberung durch die Römer auch Hauptstadt der Provinz Asia. Die Stadt war ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, viele kleinasiatische Hauptstraßen führten nach Ephesus, dem Umschlaghafen für Waren aus aller Welt. Aber Ephesus war auch ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen. Hauptwahrzeichen der Stadt war der Artemis-Tempel.
Viel länger als gewöhnlich blieb Paulus in dieser Stadt - ein Zeichen dafür, wie wichtig es für ihn war, gerade in dieser Stadt eine lebendige und missionierende Gemeinde aufzubauen. Er fand bereits eine kleine christliche Gemeinde in Ephesus - Menschen, die getauft waren - allerdings heißt es, dass sie nur die Johannestaufe, die Taufe, mit der Johannes der Täufer die Menschen zur Umkehr gerufen hatte, kannten.


Was bedeutet dieser Unterschied zwischen christlicher und Johannestaufe. Meinen Konfirmanden habe ich das immer mit einem einfachen Beispiel deutlich zu machen versucht: Wenn ich einen Menschen sehe, der mit völlig zerrissenen Schuhen herumläuft - die Sohle halb getrennt schlappt bei jedem Schritt nach, der eine Absatz fehlt ganz usw. - dann kann ich zwei Dinge tun: Entweder ich kann ihm sagen: du musst dir schnellstens neue Schuhe besorgen. Mit diesen Schuhen kannst du leicht stolpern - es ist auch nicht gesund für Rücken und Beine mit solchen Schuhen herumzulaufen. Du wirst krank werden und es wird dir schlecht ergehen.


Oder ich kann zu ihm sagen: Komm, mein Freund, wir gehen jetzt mal in ein Schuhgeschäft, damit ich dir ein Paar neue Schuhe kaufen kann.
Genau das ist der Unterschied zwischen der Johannes- und der Christlichen Taufe. Johannes, der Vorläufer und Wegbereiter Jesu, hatte damals und hat bis heute den Auftrag, den Menschen zu sagen: "Ihr seid in großer Gefahr zu fallen, zu stürzen, euch zu verlaufen, verloren zu gehen! Ihr seid Sünder und könnt so nicht vor Gott bestehen und nicht an seiner Herrlichkeit und nicht an seinem ewigen Leben teilnehmen. Tut Buße! Wie das Wasser des Jordan den Körper der Menschen reinigt - so muss auch unsere Seele gewaschen, neu werden. So wie ihr seid, könnt ihr nicht vor Gott bestehen. Ihr braucht Hilfe und Vergebung."


Christus dagegen hat nicht nur gesagt, ihr seid Sünder, ihr braucht Vergebung - eure Schuhe für den Weg zur himmlischen Herrlichkeit sind zu zerrrissen, ihr könnt damit nicht vor Gott erscheinen - sondern Christus hat uns die neuen Schuhe gekauft. Er reicht uns in der Taufe seine Hand, uns sicher auf den Weg durch Leben und Tod zu führen. Bei der Taufe Jesu durch Johannes hat Jesus sich eindeutig auf die Seite der Sünder gestellt, um sie zum Leben zu führen. Er sagt uns in der Taufe: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.


In unserem Text heißt es: Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und dem Volk gesagt, sie sollen an den glauben, der nach ihm kommen werde, nämlich an Jesus.


Paulus hat damit die kleine Gruppe der Johannes Christen aufnehmen können in die Gemeinschaft der Gemeinde die er selber durch die Verkündigung von Jesus Christus gegründet hatte.


Wir erkennen, dass von Beginn der Kirche an die Zerrissenheit in verschiedene Glaubensrichtungen offenbar schmerzlicher Weise eine dauernde Erscheinung gewesen ist.


Wenn ich zu diesem Thema soviel sage, dann möchte ich zeigen - ob wir die bunte Vielfalt der Kirche in der Welt für gut oder schlecht halten - dieselbe bunte Vielfalt hat es von Beginn an gegeben. In unserem Predigttext hören wir von Apollos. Im 1. Korintherbrief im 1. Kap. können wir lesen, dass Paulus den Brief als Hirtenbrief schrieb, indem er zu Spaltungen in der Gemeinde Stellung nahm. Es gab offenbar mindestens 4 Gruppen in Korinth - heute würden wir sagen 4 unterschiedliche Kirchen. Die einen waren Anhänger des Paulus, andere des Petrus, wieder andere Anhänger des Apollos und einige hatten ihrer Kirche den Namen Jesuskirche gegeben - vielleicht in der Annahme, ein solcher Name gäbe ihrer Kirche einen besonderen Glanz. Unter den verschiedenen Kirchen gab es natürlich auch Lehrunterschiede - genau wie heute. Wir können annehmen, dass z. B. die Petruskirche stärker von jüdischen Gedanken bestimmt war, die Anhänger des Apollos kamen dagegen aus dem griechischen Heidentum. Apollos war ein griechischer Theologe und früher ein Anhänger Johannes des Täufers gewesen und von diesem getauft worden, bevor er sich mit Jesus Christus und seiner Lehre intensiver auseinander setzte. Wir sehen: verschiedene Kirchen, verschiedene Lehren - ein buntes Wirrwarr war es schon von Anfang der Kirche Jesu Christi an.


Als verantwortlicher Superintendent des Wohnheims, in dem 650 Schülerinnen und Schüler wohnten, gehörte es zu meinen Aufgaben, jedes Jahr einen statistischen Bericht zusammenzustellen. Diese Berichte waren vor allem nötig, um finanzielle Unterstützung aus Deutschland zu bekommen.


Neben Angaben über soziale Hintergründe, berufliche Tätigkeiten der Eltern, Berufswünsche der Schüler usw. , habe ich die Schüler immer auch nach der Zugehörigkeit zu einer Kirche gefragt. Die meisten Schüler gehörten zur lutherischen Kirche oder zur Methodistenkirche. Etwas kleiner waren die Gruppen aus der anglikanischen Kirche, der NG-Kerk und aus der röm. kath. Kirche. Der Rest der Schüler nannte 40 verschiedenen Kirchengemeinschaften.


Diese Zerrissenheit ist sicherlich einer der vielen Gründe warum viele Menschen das Wort vom Kreuz für eine Torheit halten. Dieser Jesus von Nazareth, der mit großen Worten den Bau seiner Kirche in der Welt angekündigt hat und seine Jünger aufforderte, den Bau dieser Kirche in Angriff zu nehmen, wenn dieser Jesus es nicht einmal geschafft hat, seine Gemeinde, seine Kirche, als einheitliche Gruppe erscheinen zu lassen. Wie kann man den als den Sohn Gottes anerkennen der von sich gesagt hat: “ Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden? “


Ich habe schon oft darüber nachgedacht, wie traurig es doch ist, dass die Christenheit so zerstritten und zerteilt in so viele verschiedene Kirchen ist. Manchmal denke ich aber auch, dass es vielleicht ganz gut so ist. Einmal kann man darin auch den vielfältigen Reichtum Gottes sehen, der die Menschen je nach ihrer Veranlagung, Gefühlswelt oder Denkart da sucht und findet, wo sie sind. So denke ich etwa an die nüchternen, schlichten Kirchen meiner norddeutschen Heimat und vergleiche sie mit den wunderbaren buntbemalten Kirchen Süd - Deutschlands - etwa die Wieskirche - in denen die Menschen nicht nur rational mit klaren logischen Gedanken angesprochen werden, sondern auch ihre Gefühlswelt stärker in den Glauben mit einbezogen wird. Vor allem aber glaube ich, dass die Zerrissenheit der Kirche die Kirche auch davor bewahrt, zu mächtig zu werden. Die Kirchengeschichte zeigt, wie viel Fehlentwicklungen durch zu viel Macht der Kirche entstanden sind. Ob wir an die Kreuzzüge denken oder daran, wie Menschen durch Ablass und Inquisition zwangsweise zum Glauben geführt werden sollten, - die Geschichte der Kirche ist bis heute mit solchen Fehlentwicklungen belastet.


Wir dürfen aber nicht glauben, solchen Missbrauch habe es nur in der kath. Kirche gegeben. Auch evangelische Fürsten haben den bekannten Grundsatz "Cuius regio, eius religio" - die Religion des Herrschers muss auch die Religion aller Untertanen sein, mit Gewalt durchgesetzt. Die Folgen einer solchen Regel kann man auch in Südafrika beobachten: In der Missionsarbeit unter den Zulus kam es gewöhnlich zu Bekehrungen einzelner Menschen, während bei den Batswana die Stämme meistens die Religion ihres Häuptlings annahmen. Wurde der Häuptling Christ, so musste auch der Stamm zur christlichen Kirche übertreten. Es ist verständlich, dass dadurch das Heidentum in den Herzen vieler Menschen nicht gleich überwunden wurde.


Wo immer die Kirche Macht ausübt, um Glaubenssätze zu erzwingen und durchzusetzen, wird die Kirche schuldig, weil sie Gesetz statt Liebe verkündigt.
Auch unsere luth. Kirche ist von solcher Schuld nicht frei - auch und besonders nicht die Erweckungsbewegungen, die ja für viele von uns zu unserer geistlichen Heimat gehören. Da ist oft den Menschen Schrecken und Angst vor dem entsetzlichen Teufel und dem Feuer der Hölle gemacht worden, anstatt ihnen zu sagen," auch für euch dürfen wir im Namen Jesu Vergebung und Gottes Güte verkündigen. Gott möchte euch nicht großen Schrecken ausliefern, sondern euch die Erfahrung seiner Gnade erfahren lassen. Er möchte euch durch Leben und Tod führen - glaubt ihm - vertraut ihm!"


Uns Menschen steht es auf alle Fälle nicht zu, über unsere Mitmenschen ein Verdammungsurteil auszusprechen. Ich weiß von einem Erweckungsprediger, der bei einer Beerdigung an den Sarg klopfte und rief "Du brätst jetzt schon in der Hölle!" Er meinte wohl, dass er mit solchem Ausspruch die Menschen zur Bekehrung ermuntern könnte.


In jedem Fall sehen wir, wie gefährlich es ist, wenn die Kirche Jesu Christi zu mächtig wird und durch ihre Macht dazu verführt wird, das Kreuz Christi zu verdecken.


Kommen wir noch einmal zu unserem heutigen Predigttext zurück:


Als Paulus diese Menschen getauft hat, da geschah etwas, was wir auch kennen: Im Text heißt es: Als sie das hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus. Und als Paulus die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie und sie redeten in Zungen.


Viele werden sagen: "Nein, in Zungen reden, das kenne ich nicht." Doch - wir kennen das alle. Oder hat uns noch nie eine wunderbare Freude die Stimme verschlagen? Das passiert doch nicht nur Kindern, dass sie vor Aufregung und Freude keinen vernünftigen Satz herausbringen.


Vor vielen Jahren wurde in Osnabrück eine neue Kirche geweiht. Der Kirchenvorsteher der neuen Gemeinde hatte dringend gebeten, die ehrenvolle Aufgabe übernehmen zu dürfen, dem Bischof den Schlüssel - etwa mit den Worten zu übergeben: "Nachdem dieses Kirchengebäude fertig gestellt und die neue Gemeinde gegründet ist, übergebe ich Ihnen, Herr Landesbischof, diesen Schlüssel." Der Bischof sollte den Schlüssel dann nach der Ordnung an den Ortspastor weitergeben. Als der Kirchenvorsteher aber den Schlüssel übergeben wollte, war er angesichts der würdigen Gestalt von Landesbischof Hanns Lilje so aufgeregt vor Freude, dass er kein Wort herausbrachte, bis Bischof Lilje schließlich freundlich lächelnd sagte: "Nun geben Sie mir man den Schlüssel."


Wenn ein Mensch überraschend und unerwartet den Heiligen Geist empfängt, dann ist es kein Wunder, wenn er so beglückt und voll Freude über die gespürte Gegenwart Jesu ist, dass es zu d er Erscheinung des Zungenredens kommt. Ich rede nicht mit Zungen - aber die Freude über die Gegenwart Jesu in meinem Leben kenne ich trotzdem und es möchte mir manchmal fast die Stimme verschlagen.


Als die Jünger am Pfingstfest in Jerusalem den Heiligen Geist empfingen, war ihre Freude über die gespürte Gegenwart Jesu so groß, dass sie in der Gefahr standen, zu stottern und undeutliche Laute von sich zu geben, so dass manche der Zuhörer glaubten, sie wären voll süßen Weines. Aus der Pfingstgeschichte geht aber deutlich hervor, dass es das Anliegen des Heiligen Geistes ist, dass jeder das Zeugnis und die Botschaft der Jünger Jesu in seiner ihm verständlichen Sprache verstehen soll.


Die 12 Jünger begannen darum unter der Führung des Petrus alsbald ohne Zungenreden klar und deutlich zu verkündigen: Dieser Jesus, den ihr getötet habt, der ist auferstanden und ist nun als Heiliger Geist zu uns gekommen, um bei uns allen zu sein auf unserem Weg.


Lasst uns darum alle heute daran erinnert werden, dass wir bei all unserem beten nicht vergessen dürfen, die wichtigste Bitte mit einzuschließen, nämlich um die Gegenwart Jesu im Heiligen Geist zu bitten: "Komm Heiliger Geist!"


Wir dürfen nicht glauben, dass der Heilige Geist heute nicht mehr dieselbe Kraft hätte, Wunder zu tun und Kirche zu bauen wie damals in Jerusalem! Am vorigen Sonntag wurde ein Teil eines ganz besonderen Gottesdienstes vom Fernsehen übertragen. Im Jahr 325 wurde in Nizea in Phrygien das Glaubensbekenntnis, das wir gesprochen haben, verfasst. Die besondere Bedeutung in diesem Glaubensbekenntnis ist, dass die Christenheit sich damit eindeutig und klar dazu bekannt hat, dass Jesus Christus wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren ist! Bald nach diesem Konzil zerbrach die Kirche: In Rom war der Mittelpunkt der katholischen Kirche, aus der später die vielen protestantischen Kirchen hervorgingen - im Osten war es die orthodoxe Kirche, aus der verschiedene orthodoxe Kirchen in vielen Ländern hervorgegangen sind. Seit über 1000 Jahren haben alle diese orthodoxen Kirchen mehr und mehr die Verbindung miteinander verloren- ohne weitere Konzile oder gemeinsame Gottesdienste. Am letzten Sonntag nun haben sich die Vertreter der meisten orthodoxen Kirchen zum ersten Mal wieder zu einem Konzil und einem Gottesdienst in der griechische Kathedrale auf der Insel Kreta zusammengefunden. Was mich besonders beeindruckt hat?

  1. Der Anbetungsteil des Gottesdienstes, der bei unserem Gottesdienst nach kaum mehr als 10Min. mit dem Credo zu Ende kommt, war nach der 3/4 Stunde, die ZDF für den Gottesdienst freigegeben hatte, noch nicht beendet.
  2. In so vielen Sprachen wurde gebetet und Gelobt und angebetet!
  3. Der orth. Erzbischof von Jerusalem sprach Lesungen und Gebete in arabischer Sprache - also der Sprache der Palästinenser!


Man konnte deutlich die Wirkung des Hlg Geistes spüren!


Warum aber erst nach mehr als 1000 Jahren? Nun, die Zeitrechnungen Gottes sind für mich ein Zeichen der Geduld Gottes mit seinen Menschen.


Wir sollen uns von Johannes dem Täufer ermahnen lassen, dass wir Sünder sind und aus eigener Vernunft und Kraft nicht an Jesus Christus unsern Herrn glauben oder zu ihm kommen können. Wir dürfen aber unsere Herzen und uns in diesem ganzen Leben öffnen, damit im Heiligen Geist Jesus Christus in uns wohnen und herrschen kann. Dann wird unser Weg durch diese Welt immer mehr ein Weg des Friedens und der Freude werden, weil wir auf diesem Weg die Erfahrung der Gegenwart unseres Herrn machen werden.



Amen!

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