2017-06-04 - Pfingsten - Pastor Dieter Lilje

(Joh. 16: 5 – 15)


Liebe Gemeinde!


Kleine Kinder fangen lange vor ihrem Geburtstag an, zu zählen, wie viele Nächte sie noch zu schlafen haben, bis der langerwartete Tag endlich anbricht. Sie können den Tag kaum abwarten. Heute, zu Pfingsten feiern auch wir den Geburtstag der Kirche, die Ausgießung des Heiligen Geistes. Auch wir dürfen uns heute über diesen Geburtstag, wie die
kleinen Kinder, freuen und wollen nun herausbekommen, worüber wir uns denn eigentlich freuen können.


Die Jünger Jesu hatten es gut. Oft wünschen wir, dass auch wir die Möglichkeit hätten so eng mit ihm zusammen leben zu können. Jesus war ihr Gesprächspartner, ihr Lehrer und Begleiter, immer in ihrer Nähe. Wenn sie etwas interessierte oder sie etwas auf dem Herzen hätten, konnten sie es direkt mit ihm ansprechen. Sie bekamen direkte Antworten auf brennende Fragen. Kurz vor seinem Tod versucht Jesus sie darauf vorzubereiten, dass er sie verlassen würde. „Nun gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat“ – so kündigt Jesus seinen endgültigen Abschied, nach seinen Erdentagen an. Dieses trifft die Jünger sehr. Tief erschrocken und traurig hörten die Jünger diese Botschaft. Vielleicht bekamen sie auch Angst oder waren sogar verärgert darüber oder verzweifelt. Kurz vorher sagte er ihnen, dass sie als seine Zeugen schwere Verfolgungen, ja, selbst den Tod werden erleiden müssen. Und nun wollte er sie auch noch allein lassen. Wie soll es weitergehen? Was soll denn aus ihnen und aus der jungen Kirche werden? Warum lässt er sie denn in dieser schweren Zeit im Stich? Sie sind so mit ihrer Trauer und Sorge beschäftigt, dass sie gar nicht daran denken zu fragen, was Jesus bevorsteht. So sagt Jesus auch: Fragt niemand von euch mich: „Wo gehst du hin?“ Sie sehen sich nur verlassen und sind sprachlos.


Sie sind nicht nur traurig, weil sie ein geliebter Mensch, ihr Freund und Begleiter, verlässt, sondern weil Jesus, durch den sie mit Gott verbunden waren, der ihnen Gott offenbarte, nun geht und sie so von Gott abgeschnitten sein würden. Aber nun redet Jesus weiter und sagt: „Ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Was soll denn
daran gut sein, dass er geht, müssen sie sich gefragt haben. Woher sollen sie denn ihre Weisung für das tägliche Leben nehmen, wenn er nicht mehr da ist? Wer oder was gibt ihnen dann ihren Halt? Aber er redet weiter: Wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden“. Jesus soll ersetzt
werden, ein anderer soll kommen. Kann der andere das denn auch, ist er für diese Aufgabe auch kompetent genug, müssen sie sich gefragt haben? Wird er unsere Bedürfnisse erfüllen können?


Also keine Trennung, sondern eine neue Gemeinschaft entsteht und damit erst wird die Mission Jesu zu Ende geführt – das gehört noch zu seinem Auftrag. Im Geist, den er ihnen senden wird, wird und bleibt Jesus ihnen präsent, er bleibt gegenwärtig. Auch wenn sie ihn nun nicht mehr sehen werden, so wird der Geist kraftvoll wirksam sein. Der griechische
Text spricht vom Parakleten. Luther hat es mit dem „Tröster“ übersetzt. Es gibt eine Vielfalt an Möglichkeiten den Parakleten zu übersetzen. Man kann es auch mit Fürsprecher, der Helfer oder auch der Ermahnter übersetzen. Bei allem geht es darum, dass er das Sprachrohr Jesu sein wird. Das haben wir ja auch eben schon bei der Epistellesung aus der
Apostelgeschichte gehört – das Erscheinen des Heiligen Geistes kam in der Form eines Windes, ein Brausen und Feuer. Die Wirkung des Geistes aber war, dass das Wort in einer Weise gesprochen wurde, dass alle es in ihrer Muttersprache verstehen konnten. Darin wird die wichtige Aufgabe des Heiligen Geistes deutlich. Es geht darum die Sprache (zu?)
verstehen. Manchmal kann es eine Umarmung, ein Händedruck oder ein Lächeln sein. Der Heilige Geist kann sich durch Reden und Handeln mitteilen. Wer den Heiligen Geist erlebt, wird verändert, denn er verhilft dazu klarer zu sehen, Gott und seinen Willen zu erkennen. So kann er auch unseren Blick dahin lenken, wo wir vielleicht lieber wegschauen
möchten. Der Geist lässt uns Gottes Stimme erkennen.


„Ich will ihn euch senden“, sagt Jesus. Johannes nennt hier 4 Dinge, die der Geist in unserer Welt bewirken wird, womit der Geist beauftragt wird, wenn er kommt: 1) Er wird unsere Sünde aufdecken, 2) Er wird uns Einsicht geben was Gerechtigkeit ist, 3) Er wird uns Einblick geben in das Gericht Gottes und 4) Er wird uns in der Wahrheit leiten.


1) Er wird unsere Sünde aufdecken.


Jesus sagt, Sünde ist, dass Menschen nicht an ihn glauben, d.h., dass wir von ihm getrennt leben, dass wir seine Liebe und Gnade nicht annehmen. Ich möchte ein Beispiel schildern um zu erklären, was Sünde heißt. Vielleicht haben wir es schon einmal selbst beobachtet: Am Ufer eines Flusses befinden sich manchmal einige Pfützen mit stillem Wasser. Das Wasser in der Pfütze dreht sich ganz langsam in Kreisen um sich selbst. Genau daneben fließt das schnelle Wasser des Flusses. Wenn wir nun zwei gleiche Dosen aus Metall in die beiden Wasser werfen würden, würde der Effekt auf beide Dosen sehr unterschiedlich sein. Auf beiden Dosen ist anfänglich noch der Name darauf deutlich zu erkennen, so wie z.B. Coca-Cola oder Sparletta oder man kann sich auch einfach unseren eigenen Namen darauf vorstellen. Die Dose in der Pfütze dreht sich nur ganz langsam um sich selbst, es ist alles mühelos und unbeschwerlich, und langsam fängt schon das Moos an zu wachsen oder die Dose fängt an zu rosten. Die andere Dose aber hat es viel schwerer: Im Fluss wird sie hin und her geworfen, gegen die Felsen geschlagen, eingedellt, sogar der Name wird zerkratzt oder ganz abgescheuert – und, diese
Dose wird kein Moos an sich sammeln. Damit können wir unser eigenes Leben vergleichen. Sind wir im Strom des lebendigen Wassers, wird es nicht immer einfach und gemütlich sein, es kann Schmerz und Verachtung mit sich bringen, aber es wird kein Moos an sich sammeln und nicht anfangen faul zu werden. Das ist das Leben des Glaubenden. Sind wir
aber nicht in diesem lebendigen Strom, so drehen wir nur um uns selbst. Das ist das Leben des Ungläubigen. Das Leben dreht sich um sich selbst, oder wie die Dogmatik es sagt: in curvatus est - wir sind nach innen, in uns selbst hinein verkrümmt. Alles dreht sich um uns selbst, unsere Ehre, unser Reichtum, unser Wohlergehen, unser Profit, unsere
Bequemlichkeit, unsere Frömmigkeit. Ja, dort in der Pfütze ist es meist viel einfacher und bequemer aber dort ist kein Leben, kein Glaube, nur die Ichbezogenheit, die Sünde. Die Dose im strömenden, reißenden Wasser, verliert aber ihre Aufschrift, gewissermaßen ihre eigene Identität – der Name ist weg. So ist das auch beim Glaubenden – das eigene Ich
verschwindet, wir bekommen eine neue Identität – durch die Taufe, durch den Glauben gehören wir nicht mehr uns selbst, sondern Jesus Christus.


Darum geht es Jesus, wenn er sagt, der Geist wird die Sünde aufdecken. Es geht ihm nicht darum uns schuldig zu befinden, damit wir bestraft werden können. Nein, es geht ihm darum, dass wir erkennen sollen, wo wir uns befinden, in der Pfütze oder im mitreißenden Fluss des lebendigen Wassers, im Glauben oder im Unglauben. Unglaube ist Sünde, denn
Sünde heißt, auf sich und nicht auf Gott, gerichtet zu sein. Das ist die erste Aufgabe des Geistes, dass er unser Fernsein von Gott aufdeckt, damit wir zu ihm zurückkehren können, denn er weiß, dass wir ihn in unserem Leben brauchen. Das hatten die Jünger erkannt, als Jesus ihnen ankündigte, dass er sie verlassen würde – sie wussten, ohne Jesus geht es nicht. Wenn er geht sind sie verwaist. Darum reagierten sie so erschrocken.


Nun brauchen wir die anderen Aufgaben nur noch kurz zu streifen, da sie schon eigentlich in dieser einen Aufgabe miteingeschlossen sind. Der Geist wird uns 2) Einsicht geben, was Gerechtigkeit ist. Ich möchte es mal so formulieren: Gottes Gerechtigkeit ist eigentlich seine barmherzige Ungerechtigkeit. Ja, Gott ist nicht gerecht, wenn er das Böse, den
Sünder gerecht spricht – das geht doch gar nicht. Er tut es aber! Und das ist seine Gerechtigkeit, die anders ist als die Gerechtigkeit der Welt. Seht, das will der Geist uns offenbaren. Wir können es nicht aus uns selbst erkennen – er muss es uns aufdecken. Wer das erkannt hat, wird frei und froh, frei und froh auch den anderen aus dieser unverdienten Gerechtigkeit heraus zu sehen und anzunehmen, ja zu umarmen, wo die Welt verstößt. 

 

Und damit kommen wir zum 3) Er wird uns Einblick geben in das Gericht Gottes. Jesus sagt: Der Fürst dieser Welt, das Böse dieser Welt, ist schon gerichtet. Jesus hat, nach Johannes, am Kreuz ausgerufen: Es ist vollbracht! Er hat es durchgehalten um Gottes Liebe bis zum Schluss zu bezeugen und zu offenbaren. Nichts konnte ihn von uns trennen. Das Gericht Gottes ist vollzogen! Wir müssen nicht dieses oder das noch vorher erfüllen, frommer werden, mehr geben usw. Nein, wer an ihn glaubt, hat Teil an diesem Sieg. Das Böse kann uns nicht mehr verurteilen. Wer an mich glaubt, hat schon ewiges Leben, sagt Jesus. Lasst uns das doch mal glauben und leben, ein Leben im Glauben und in der Nachfolge! Und damit kommen wir zum Letzten 4) Er wird uns in der Wahrheit leiten. Die letzten Verse unseres Textes deuten an, dass die Jünger in schwere Anfechtungen und Auseinandersetzungen geraten werden. Weil Jesus den Geist senden wird, will er sie damit trösten, ihnen sagen, sie werden nicht allein sein, sondern Hilfe und Beistand vom Geist bekommen. In der Wahrheit geleitet zu werden heißt, den Weg den Jesus in dieser Welt gegangen ist, den Weg für den anderen, nicht für sich selbst, den Weg der Liebe und Hingabe, zu erkennen – das ist der Weg der Wahrheit. Was sollen wir denn tun, diesen Weg der Wahrheit zu erkennen, fragen wir. Busse tun, jeden Tag zu ihm umkehren.


Das alles will Gott uns heute schenken: Die Zusage, dass er uns nicht allein lässt, dass er uns zeigen will, wo wir uns gefährlich von ihm wegbewegen, ihm fern sind damit wir zu ihm zurückkehren, er uns freimachen kann, um so mit dem Leben zurecht zu finden, er will uns das Leben in seiner Wahrheit zeigen, damit wir befreit werden und so als seine
befreiten Kinder leben können, Teil haben an seiner Gerechtigkeit und mitgenommen werden in seinem Leben der Liebe. 


Amen


 

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