( Joh. 21:15-17 ) - [ English ] - [ Akündigungen521.34 KB ]
Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht er zum Zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide mein Schafe! Spricht er zum dritten al zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weisst alle Dinge, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
Liebe Gemeinde!
Es gibt viele Gründe warum wir in die Kirche gehen oder auch viele Gründe, warum wir uns entscheiden nicht in die Kirche zu gehen. Unser Gottesdienst steht in Konkurrenz mit so vielen Alternativangeboten. Ohne Gottesdienst kann man länger schlafen, oder man kann sich einen gemütlichen Tag machen, einfach mal vom Wochenstress ausruhen, oder zu einer Sportveranstaltung gehen, einkaufen oder fernsehen. Vielleicht gehen wir in den Gottesdienst, weil es eine gute Angewohnheit ist, oder weil Gott es uns geboten hat, oder um der Gemeinschaft willen, vielleicht auch zum geistlichen Auftanken, wir wollen uns beschenken lassen, nach dem Willen und der Weisung Gottes fragen oder weil wir einfach Freude am Gottesdienst haben – es gibt so Vieles zum mittnehmen und zum teilen. Warum bist du gekommen?
Heute ist der Hirtensonntag. Jesus ist unser guter Hirte. Er führt uns zur guten Weide. Er ist nicht der Mietling, der wegläuft, wenn es schwer wird, wie wir in der Evangeliumslesung gehört haben. Heute hören wir, wie Jesus Petrus sendet. Ja, so will er auch uns senden.
Es ist ja auffällig, dass Jesus seine Frage dreimal stellt, bevor er Petrus mit seinem besonderen Hirtenamt aussendet: ”Hast du mich lieber als diese; hast du mich lieb...?” Mit einer bescheidenen Zurückhaltung geht Petrus nicht auf einen Vergleich mit den anderen Jüngern ein, sondern antwortet nur ehrfurchtsvoll, obwohl die Frage schmerzte, weil sie ihn sicherlich an seiner dreifachen Verleugnung erinnerte, vor allem bei der dritten Frage und sagt nur, dass Jesus ja alles weiß, auch, dass er ihn lieb habe. “Hast du mich lieb?”, fragt Jesus. Ist das nicht eine unerhörte Frage? Da stöhnt eine ganze Welt unter tausend Schmerzen, überall sieht man blutige Schlachtfelder, oder durch die schrecklichen Fluten, weggerissene Häuser, Menschen die alles verloren haben, trauernde Menschen, die einen lieben Menschen bei einem Überfall oder Mord oder durch einen Autounfall verloren haben, weinende Menschen, kaputte Ehen, misshandelte Kinder, betrogene und enttäuschte Menschen, angsterfüllte, mutlose und einsame Menschen! Und nun fragt Jesus Petrus, ob er ihn lieb habe. Hat Jesus denn nichts Wichtigeres zu tun oder zu fragen?
Diese Frage Jesu ist die Quelle großer Dinge geworden. Petrus antwortet auf diese Frage und sagt: Du weißt Herr, dass ich dich lieb habe. Dann weide meine Lämmer, weide meine Schafe. Von der Stunde an trugen Petrus und seine Jünger das Evangelium in die Welt.
Hast du mich lieb, fragt Jesus einen Luther. Ja sagt er. Dann sei bereit, dein Leben für die Wahrheit aufs Spiel zu setzten, dafür verachtet und verstoßen zu werden. Habt ihr mich lieb, fragt Jesus junge Männer und Frauen. Ja, sagten sie und sie gingen als Missionare in fremde Länder, brachten große Opfer und verkündigten das Evangelium, so auch unsere Vorfahren.
So steht Jesus auch heute vor uns und fragt uns: “Hast du mich lieb?” Das ist sicher eine unbequeme Frage, der wir am liebsten ausweichen würden. Wie würdest du darauf antworten? Wir können uns ein folgendes Gespräch vorstellen: Ob ich dich lieb habe, Herr? Nun, ich versuche doch wirklich christlich zu leben und halte mich doch sehr treu zur Kirche und lese jeden Tag meine Andacht. Das ist sehr schön, wenn das so ist, antwortet Jesus, aber ich wollte nur wissen, ob du mich liebst?
Ein anderer sagt: Ob ich dich lieb habe, Herr? Sieh, ich habe mich lange mit meinem Gewissen gequält. Nun habe ich erkannt und ich glaube, dass durch deinen Tod am Kreuz die Versöhnung für meine Sünden erfüllt ist. Ich setze all mein Vertrauen auf dein Opfertod, auf dein Blut, das für mich vergossen wurde und damit glaube ich ewiges Leben zu empfangen, allein aus Gnaden. Jesus: Das hast du gut verstanden, ich fragte aber nur, ob du mich liebst? Glaube ist nämlich nicht nur ein intellektuelles Verstehen und Wissen, sondern hat auch mit einer lebendigen Liebesbeziehung zu tun.
Hast du mich lieb? Ein anderer antwortet vielleicht so: Herr, ich habe so viele Fragen: Warum lässt du so viel Elend, Leid, Gewalt und Hass, so viel Ungerechtigkeit und Unfrieden, Fluten und Dürren zu? Dazu kommen noch viele andere Fragen: Darf ich als Christ für die Todesstrafe oder für die Abtreibung oder die Homosexualität sein? Ich habe so viele Enttäuschungen in der Kirche und Gemeinde erlebt wie können die sich Christen nennen, bei so viel Scheinheiligkeit? Das alles und noch viel mehr beschäftigt und verunsichert mich in der Kirche. Das sind alles eine menge Fragen, schwere Fragen, antwortet Jesus. Ich aber habe nur gefragt, ob du mich lieb hast?
Er fragt ganz schlicht und einfach: ”Hast du mich lieb?” Warum eigentlich die Frage nach der Liebe? Weide meine Schafe heißt doch nichts anderes als: Führe meine Schafe dorthin, wo sie das erhalten, was sie zum Leben brauchen. Umgesetzt heißt das doch, führe die Hungrigen und Kranken dorthin, wo sie genährt und geheilt werden können, nämlich zu Jesus Christus selbst.
Es ist schwer auf die Frage Jesu zu antworten. Vielleicht möchten wir auf diese Frage so antworten und sagen: Herr, du stellst diese Frage sicher, weil du in meiner Liebe zu dir enttäuscht bist. Uns fällt eine Antwort auf diese Frage oft schwer, weil uns dein Weg mit uns oft so schwer fällt, oft erwartest du von uns etwas, das uns nicht passt. Hast du mich lieb? Können wir diese Frage mit einem klaren Ja beantworten? So oft ist unser Herz so müde oder schwer belastet, oft kommen auch schwere Zweifel. Was soll ich tun? Es gab einmal einen Lederhändler, der war ein rechter Seelsorger. Zu ihm kam einmal ein junger Mann und sagte: Wenn Jesus mich fragt: Hast du mich lieb, kann ich ihm so oft nicht klar antworten. Mein Herz ist oft so kalt und ich bin so weit weg von ihm. Da antwortete der Lederhändler: Freund, dann dreh doch die Frage um. Frage du Jesus: Hast du mich lieb? Einen Augenblick lang war er still. Dann fing das Gesicht des jungen Mannes an zu leuchten. Ihm ging nun die Liebe auf, die Jesus zu uns hat und daran entzündete sich sein Herz. Ja, er hat dich so lieb, dass er bereit war, die schwerste Stunde, die es jemals auf dieser Welt gab auszuhalten und durchzustehen: die Stunde der totalen Gottverlassenheit als er schrie:”Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Er hat uns unendlich lieb!
Liebst du mich, fragt Jesus. Dann weide meine Schafe. Jesus fragt auch nicht: Liebst du meine Schafe? Diese Frage, wenn wir ehrlich sind, würden wir sicher mit einem “nicht alle” oder “es fällt mir bei manchen sehr schwer”, beantworten. Aber gerade darum geht es Jesus ja, dass wir uns nicht die Schafe aussuchen, die uns lieb sind, sondern die er lieb hat, die lämmer und die Schafe. Seine Liebe ist eben grenzenlos - das fällt uns an ihm so schwer. Aber nur weil das so ist, liebt er ja auch dich und mich. Aber eben auch den anderen, dem ich lieber aus dem Wege gehe. Lieben wir ihn, so schenkt er uns Kraft, Mut und Vergebung auch auf den anderen zuzugehen, den wir nicht lieben oder der uns verletzt hat.
Noch ein Letztes: Kurz müssen wir genauer hinhören welche Worte Jesus gebraucht: Zweimal gebraucht Jesus das griech.Wort für Liebe agapy und beide Male antwortet Petrus mit philos. Agapy ist die göttliche, die bedingungslose Liebe, die sich selbst opfert. Petrus antwortet demütig, sich seiner Schwachheit bewusst und sagt: Ja ich liebe dich aber es ist nur die philos Liebe, die freundschaftliche Liebe. Dann schraubt Jesus seinen Anspruch herunter und fragt: Petrus liebst du mich und gebraucht philos. Da kann Petrus nun wieder mit philos antworten auch wenn er traurig ist, dass Jesus es 3x fragt. Es ist ja auch ein Trost für uns, dass Jesus ausgerechnet zu diesem schwachen Petrus geht, der ihn dreimal verleugnet hat, der ihm nicht seine agapy Liebe bestätigen kann. Ausgerechnet ihn sendet er, der schwach war. Es kam Jesus also nicht in erster Linie auf das Können des Petrus oder auf seine Fehler- und Schuldlosigkeit an. Es ging ihm bei allem um die Frage: ”Hast du MICH lieb?” Wer das bejahen kann, der darf die Schafe, seine Schafe, weiden. Jesus macht nur die Liebe zu ihm zur Vorraussetzung, denn ohne die Liebe zu ihm sollen wir seine Schafe nicht weiden, wir würden sie nur irreführen oder hätten dabei falsche Motive.
So möge Gott es uns schenken, dass wir diese seine Liebe für uns erkennen und annehmen und aus dieser Liebe zu Jesus Christus heraus, das Evangelium verkündigen, bezeugen und leben, hier in unserer eigenen Gemeinde aber darüber hinaus auch in der Welt da draußen – dort wo wir seinen Schafen begegnen. Wo ruft Jesus dich, wo will er dich senden? Amen
