2023-08-20 - 11. Sonntag nach Trinitatis - (DE) - Vikar Patrick Haase

Lk 7,36-50 ) - [ English ]


Ich bin vorhin früh hier gewesen. Der Ort – diese Kirche - hieß mich willkommen. Das spürte ich und atmete die Frische ein. Hier wurde ich konfirmiert. Nun werde ich Pastor. Ich frage Sie: Was bedeutet für sie Willkommensein? Für mich steckt Willkommensein in kleinen Dingen. Hier in Südafrika spüre ich das immer wieder. Das liegt daran, dass Südafrikaner und Südafrikanerinnen gastfreundliche Menschen sind. Ich komme gerade von einer Rundreise durch Südafrika. Da konnte ich mich davon wieder überzeugen. Überall wurde ich herzlich empfangen: In Kimberley, Kapstadt, Durban und auch hier in Pretoria. Hier in der Johannesgemeinde spüre ich es deutlich. Wenn ich sie ansehe, dann weiß ich: Sie und ihr heißt mich Willkommen. Dafür danke ich. Umso mehr liegt mir die Frage daher auf der Zunge. Was bedeutet für Sie Willkommensein? Ich kann mir vorstellen, einige von Ihnen spüren es in guten Essen: Lammeintopf, Bobootie und Potjiekos. Das weckt Erinnerungen an Willkommensein. Einige fühlen sich Willkommen im Blick auf die Ebene; im Blick auf die Akazienbäume und seichten Flussbette. Um sie herum hören sie ein Konzert der Vögel. Antilopen, Elefanten und Giraffen durchstreifen das Land. Da fühlen Sie sich Willkommen. Einige spüren es in gemeinsamen Momenten mit der Familie. Arme öffnen sich und drücken einen fest. Eine Hand wird gereicht. Vielleicht küsst sie der ein oder andere auch mal. Sie fühlen sich Willkommen. 

Ich erzähle Ihnen das, weil es im heutigen Predigttext um Willkommensein geht. Es ist ein Willkommensein besonderer Art. Es geht um ein Willkommensein, dass durch alle unsere Willkommensmomente hindurchscheint. Denken sie daran, wenn sie den heutigen Predigttext hören. Im siebten Kapitel beim Evangelisten Lukas ist der Text überliefert. Über die Jahrhunderte wurde er bis zu uns weiterzählt. So beginnt er: Lk 7,36-39.

That hits different. Der Pharisäer Simon hat doch recht sprachlos zu sein, oder nicht? Ich jedenfalls bin es. Simon ist gastfreundlich im besten Sinne des Wortes. Er heißt Jesus in seinem Haus Willkommen. Er bereitet ein Gastmahl für ihn und seine Mitreisenden vor. So kommt auch eine stadtbekannte Sünderin in sein Haus. Vermutlich ist sie eine Prostituierte. Sie kommt an seinen Tisch. Dann geschieht es. Die Frau geht auf die Knie. Sie wäscht Jesus die Füße mit ihren Tränen. Sie salbt ihn mit Öl aus einem Alabastergefäß. Das ist mehr wert als ein damaliges Jahresgehalt. Eines sei gleich gesagt. Alle Beteiligten sind Juden: der Pharisäer Simon, die Sünderin und auch Jesus. Es geht also in der Erzählung nicht um spezifische Verfehlungen. Nach dem Motto: Hätte Simon Jesus die Füße gewaschen, wäre alles Ok. Es geht erst recht nicht um Verfehlungen eines Juden. Der Pharisäer und Jude Simon verhält sich so, wie es zu erwarten ist. Umso merkwürdiger ist das Verhalten Jesu und der Sünderin. Willkommensein bedeutet, gewohnt höflich sein. Das ist heute so wie damals. Es bedeutet wertschätzen und anerkennen, wie es sich gehört. Das ist Willkommensein. Oft ist es unvorstellbar für mich, einfach jeden willkommen zu heißen. Das ist menschlich. Ich vermeide es in einigen Gegenden zu gehen. Ich vermeide es an einem Tisch mit Verbrechern zu sitzen. In diesen Eindruck mischen sich Jesu Worte. Ich lese weiter vor. So heißt es weiter beim Evangelisten Lukas: Lk 7,40-50.

Ich höre die Worte, Gott. Ich brauche einen Moment, um sie zu verstehen. Jesus und die Sünderin öffnen mir dann die Augen. Die Sünderin hat viel geliebt, sagt Jesus in der Erzählung. Das ist für mich die Schlüsselstelle. Das heißt übersetzt: Sie hat Liebe von Gott empfangen. Darin ist ihr vergeben und sie hat Frieden. Sie gibt diese Liebe weiter. Es ist Liebe, die sie fürsorglich handeln lässt. Es ist Liebe, in der sie Grenzen überwindet und am nächsten handelt. Ihre eigenen Grenzen überwindet sie zuallererst. Es gibt Momente unserer Zeit, in denen wir Vergleichbares erfahren. Nelson Mandela war 27 Jahre in Haft. Das war eine überaus strapaziöse Zeit für ihn. Am 11. Februar 1990 wurde er freigelassen. Auf den Straßen feierten die Menschen das. Sie lagen sich in den Armen. Jeder und jede die mitfeiern wollte, war willkommen. Solche Momente machen mich demütig. Denn in ihnen spüre ich das andere Willkommensein, von dem ich bereits sprach. Es ist Gott, der mich als Mensch unter allen Menschen willkommen heißt. Ich werde von Gott willkommen geheißen. Das macht demütig. Denn Demut ist, die eigenen Grenzen wahrnehmen und mit Gott darüber hinwegspringen. Gottes Liebe hilft dabei. Das brauche ich immer wieder. So ist es auch heute im Hier und Jetzt. Wir dürfen wissen, dass Gott weiter und höher geht. So heißt es: Weder Hohes noch Tiefes noch irgendetwas auf dieser Welt vermag uns von Gottes Liebe zu trennen. (Röm 8,38-39)

Willkommensein wird darin zu Angenommensein vor Gott. Wenn wir uns trauen, dann können wir das sehen. Demut weist den Weg. Demut erfahren wir in anderen. Manchmal erfahren wir sie auch in uns. Gott bereitet den Tisch dafür. An diesem Tisch nehmen alle Platz. Sie sagen: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Sie sehen einander und lächeln sich zu. Ketten reißen. Seile lösen sich. Wir gehen voran. Aus allen Orten versammeln sich die, die Gott hören. Sie kommen an Gottes Tisch. Sie kommen dazu. Denn Gottes Tür steht offen. Diese Tür steht allen offen. Sie heißt alle Willkommen jederzeit. Alles, was uns schwierig scheint, wird darin leichter. Denn Gott verspricht uns die Tür offenzuhalten. So bitte ich ihn: „Gott, lass mich mein Kleines verlassen. Mach mein Herz weit. Gott, zeig mir den Weg. Gott lass mich immer wieder meine Grenzen überwinden.“

 

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