2023-12-24 - Heiligabend - Christvesper - (DE) - Pfarrerin Nicole Otte-Kempf

( Gal 4,4-7 ) - [ English ]


Text wird gelesen

Liebe Gemeinde, 

Was wäre das Weihnachtsfest ohne Geschenke? Als ich Kind war und Weihnachten immer näher rückte, waren Sehnsucht und Vorfreude kaum noch auszuhalten.  Mit der Vorfreude hatte sich das Vertrauen vermischt: Meine Eltern wissen, wovon ich träume. Sie werden mir das schenken, was ich mir so sehr wünsche. Als Kinder haben wir einfach hingenommen, was wir erst als Erwachsene erahnen können: Die Freude an einem Geschenk ist dann am größten, wenn wir merken: es wird mit Liebe geschenkt. 

Ob es Gott so ähnlich ging wie unseren Eltern? Dass er gemerkt hat: “Die Menschen können ihre Sehnsucht kaum mehr ertragen. Vielleicht wissen sie gar nicht genau, was sie sich wünschen? Aber sie hoffen, dass ich das Richtige für sie wähle. Die Zeit ist reif, ihnen das größte Geschenk zu machen, das nur möglich ist.“ So ähnlich könnte man es den knappen Worten des Paulus entnehmen: „Als die Zeit erfüllt war…“

Dietrich Mendt erzählt in seiner Geschichte „Die Erfindung der Weihnachtsfreude“, dass es genauso war: Gott hat gemerkt: „Der Messias muss auf die Welt.“ Aber wer soll das sein? Die Engel schlagen einen Propheten vor oder einen Vertreter des jüdischen Königshauses. Doch Gott ist unzufrieden: Königskrone oder Säbel würden die Menschen am Messias eher verunsichern. Und der wilde Bart und Kamelfellmantel eines Propheten würde sie eher abschrecken. Keine Freude ist darin. „Aber wie kann mein Geschenk aussehen, damit es ihnen Freude macht?“ Zusammen mit dem himmlischen Rat überlegt er. Der Engel Gabriel hat den rettenden Gedanken: „Ein Kind! Vor dem fürchtet sich niemand. Selbst die härtesten Typen werden weich beim Anblick eines Säuglings und lächeln.“ Weil er die schöne Idee hatte, darf Gabriel zu Maria aus Nazareth und ihr sagen, dass sie die Frau ist, die den Messias zur Welt bringen wird. 

Aber wer ist das Kind? Die Diskussion im Himmel geht weiter. „Ich“ sagt Gott – entgegen allen Spekulationen. „Du?“ Die Engel haben Einwände. Wenn Gott ein Mensch wird, könnten die Menschen über ihn lachen. Aber gerade das ist ganz in Gottes Sinne! Dass die Menschen aus Freude lachen. Sicher, einige werden ihn auch auslachen. Das kann er nicht verhindern. „Und wenn das auf der Erde schief geht?“ Die Engel sind besorgt. „Es geht schief“, antwortet Gott. „Warum?“ beklagen sich die Engel. „Damit es gut geht“ sagt Gott. „Jedenfalls fängt es mit Freude an, weil es mit einem Kinde anfängt. Und das verspreche ich euch: Zuletzt wird wieder Freude sein, und sie wird bleiben!“

Heut ist der Abend, Geschenke auszupacken und zu bestaunen. Lasst uns also das Geschenk, das Gott uns macht, auspacken und näher betrachten. 

1. Gott schenkt uns seinen Sohn – Gott wird Mensch

In seinem Sohn begibt sich Gott in die Welt, in der es allzu oft allzu unmenschlich zugeht. Aber nicht, um mit uns abzurechnen, sondern um sich mit uns gleich zu stellen. Ein ganzer Mensch, der sich in die Lebensbedingungen der Menschen hineinbegibt mit allen Konsequenzen. 

Jesus erfüllte das Gesetz, die höchsten Grundsätze und doch geriet er in Konflikt mit denen, die das Gesetz auslegten. Er starb als gesetzlich Verurteilter und beschloss am Kreuz den Lebenskreis eines elenden Menschen. In Armut war er geboren und als Verbrecher ist er hingerichtet worden. Klarer kann nicht gezeigt werden, dass Gottes Geschenk gerade auch bei denen in dieser Welt ankommen soll, deren Leben nicht im Glanze strahlt, die an ihren Problemen verzweifeln, die von der Gesellschaft ausgestoßen sind. Denn Gott macht sich klein und gleich. Gleich denen, die vorverurteilt sind nach unseren menschlichen Maßstäben. Denn für ihn zählen nicht die ausgrenzenden Werte, Für Gott zählen nur Leben und Liebe.

2. Gott schenkt uns Erlösung

und lädt uns ein, seine Kinder zu sein. Angenommen und geborgen in den Armen des Vaters ist es nicht mehr nötig, sich selbst alle Last aufzuladen. Es braucht nicht mehr die Versuche, immer noch besser da stehen zu wollen als andere. Es befreit davon, ständig darauf bedacht zu sein, dass meine Schwachstellen nicht auffallen. Ich brauche mich nicht mehr selbst darzustellen, denn Gott nimmt mich so an, wie ich bin – mit allen Stärken und Schwächen. Er hat sich klein gemacht und uns zu seinen Kindern adoptiert. Das ist ein erstaunliches Geschenk. Gott wird Menschenkind, damit wir Gotteskinder werden. Wir sind nicht seine Befehlsempfänger, Objekte oder Unterworfene, sondern seine Ansprechpartner. Und wir können wie Kinder unbefangen Gottes Gabe annehmen  - seine Liebe, die uns am Leben erhält. Seine Liebe ist an keine Vorbedingung geknüpft. Gottes Kind zu sein bedeutet, dass man sich einfach über sein Geschenk freuen darf. Paulus schmückt dieses Geschenk noch aus: 

3. Gott macht uns zu seinen Kindern 

 Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! 

Jesus hatte zu seinem Vater ein so vertrautes Verhältnis, dass er ihn aramäisch „Abba“, auf deutsch „Papa“ nannte. Eine innige, liebevolle Verbindung kommt hier zum Ausdruck – so nahe war Jesus seinem Vater, aber so nahe ist Gott auch uns. Wir können und dürfen ein enges Verhältnis zu Gott pflegen, weil er uns in Jesus Christus nahe kommt. Er ist unser Vater und lässt sich liebevoll „Papa“ nennen. Wir haben freien Zugang zu Gott – im Gebet. Jederzeit, formlos mit all unseren Gefühlen: dankbar, zornig, fragend, klagend. 

4. Gott setzt uns als Erben ein 

7 So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott. 

Wir sind als seine Kinder, erbberechtigt, ja wir haben sogar schon Anteil an diesem Erbe. Wir erben Freiheit und Gelassenheit. Wir erben die Hoffnung und das Vertrauen, dass unser Leben geborgen ist – und dass Gott ansprechbar ist. Wir erben die Visionen und Träume von einer heilen, geheilten Welt, von Gerechtigkeit und Frieden und einer bewahrten Erde.

Dies ist das Geschenk, das wir heute auspacken und mit dem Gott uns heute erfreuen will. Ein Geschenk, in dem sich das, was wir brauchen mit dem was wir uns sehnlichst wünschen, vereint. 

Lassen wir das Geschenk des Lebens und der Liebe lebendig werden?

Gott schenkt uns seinen Sohn, er befreit uns vom Gesetz, er macht uns zu seinen Kindern und setzt uns zu seinen Erben ein - zu allererst, damit wir uns an diesem Geschenk freuen. Dieses Geschenk will dann auch gebraucht, eingesetzt und weitergegeben werden. Die Liebe, die wir von Gott erfahren, will im Miteinander gelebt sein. 

Liebe Gemeinde, Unser Text ist viel mehr als ein Weihnachtsgeschenk, er ist ein Geschenk für das ganze Jahr. 

„Als die Zeit erfüllt war“. Das war damals. Das war in Bethlehem. Das war zur Zeit des Statthalters Quirinius. 

„Als die Zeit erfüllt war“. Das ist heute, jetzt. Und jetzt ist es angesagt als Beschenkte zu leben, voller Freude und Hoffnung! Amen

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