Hesekiel 37,1-14
Wenn ich das heute meinen Kindern erzähle können sie es sich nicht vorstellen, aber ich bin in den achziger Jahren groß geworden mit 3 Fernsehprogrammen. Immerhin in Farbe, aber man musste noch aufstehen, wenn man das Programm wechseln wollte. Wenn ich mit meiner 6 Jahre älteren Schwester Fernseh geschaut und die Eltern nicht da waren, dann gab es schon auch den Weißen Hai und andere Gruselfilme. Und ich weiß, da saß ich mit einem Kissen da und wenn dann die gruselige Musik kam und ich ahnte, gleich passiert was, dann hab ich mich gefürchtet und hab so das Kissen vors Gesicht gehalten. Und am Ende sind die Filme zum Glück gut ausgegangen. Filme gehen ja meistens gut aus.
Aus dem Propheten Hesekiel im 37. Kapitel kommt heute am Pfingstsonntag der Predigttext. Hesekiel sieht auch etwas und er schreibt es auf.
1Des Herrn Hand kam über mich, und er führte mich hinaus im Geist des Herrn und stellte mich mitten auf ein weites Feld; das lag voller Totengebeine.
2Und er führte mich überall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine über das Feld hin, und siehe, sie waren ganz verdorrt.
Ein weites Feld voller Knochen. Gott führt Hesekiel auf dieses weite Feld und zeigt es ihm. So steht es in der Bibel. Ich lese das und sehe es vor mir. Es ist da. Ich kann nicht umschalten. Und ein Kissen hilft da nicht.
Ein Kissen hilft auch nichts in meiner Welt. Und in Eurer auch nicht. Manchmal da versuche ich es vielleicht, die Augen zuzukneifen oder wegzusehen. Aber das Verdorrte ist ja dennoch da. Menschen sterben, Menschen töten.. Im Krieg, mit Bomben oder in Massakern. Ein Volk tötet ein anderes. Und viele unschuldige Opfer gibt es, und viele, die töten müssen, weil sie Soldaten sind und einige, die das Töten befehlen und sich und den Krieg gut finden.
Meistens verstecken sie allerdings diejenigen, die getötet wurden und lassen sie nicht auf dem weiten Feld liegen voller Totengebeine wie bei Hesekiel.
Mord und Totschlag passiert in unserer Welt. Da hilft mir kein Kissen. Der Gruselfilm läuft. Live und in Farbe. Und dann? Hesekiel hört folgendes und schreibt es auf:
3Und Gott sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: Herr, mein Gott, du weißt es.
4Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des Herrn Wort!
5So spricht Gott der Herr zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet.
6Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, dass ich der Herr bin.
7Und ich weissagte, wie mir befohlen war. Und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich und die Gebeine rückten zusammen, Gebein zu Gebein.
8Und ich sah, und siehe, es wuchsen Sehnen und Fleisch darauf und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen.
Es geht recht gruselig weiter. Gott sagt dem Hesekiel: »Sprich das«. Und er spricht’s. Und siehe, es geschieht. Die Knochen klappern, sie rücken zusammen,
sie formen sich, und noch kein Odem in ihnen.
Hesekiel, der Prophet des Herrn, er sagt etwas im Namen Gottes.
Und genau das passiert. Es kommt Leben in’s Totenfeld.
Es scheint wohl mehr zu geben auf Erden als nur Hassen und Töten und Totenfelder.
Hesekiel sozusagen ein Schöpfungs-Wort. Wie Gott am Anfang. Und siehe, es geschah so. Ein Wort in Gottes Namen geschieht.
Gibt uns Gott vielleicht auch Schöpfungsworte? Könnten die auch was bewegen – und lebendig machen?
9Und er sprach zu mir: Weissage zum Odem; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Odem: So spricht Gott der Herr: Odem, komm herzu von den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden!
10Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam der Odem in sie, und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer.
Liebe Pfingstgemeinde, Ja, wir haben Worte. Und zwar ziemlich gute Worte. Worte von Gott, die lebendig machen, die wir sagen können.
Und wir müssen sie auch sagen, nämlich da, wo Haß ist und Menschen zerstört werden und wo getötet wird mit Worten oder Taten.
Die Schöpfungsworte, die lebendig machen, die müssen wir als Christen sagen. Auch wenn ich denke, ich kann nicht viel bewirken, dann muss ich sagen, doch, ich denke schon. Und wir sollten einander darin auch ermutigen. Wir können vielleicht nicht die Welt ändern, aber wir können die Welt für einzelne Menschen ändern, in unserer Klasse, in unserer Familie, da, wo wir uns bewegen. Unsere Worte können etwas bewirken, im Guten wie im Bösen. Und ich hoffe, wir reden in immer in guter Absicht. Bei Hesekiel war es so: Gott gibt Dir das Wort und Du sagst es.
Und es kommt Leben in alles, was tot ist. In alle Ecken, wo Hoffnungslosigkeit herrscht. Es kommt Liebe in die hasserfüllte Welt.
Hesekiel erzählt weiter:
11Und Gott sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns.
12Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels.
13Und ihr sollt erfahren, dass ich der Herr bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole.
Und ich sage Ja und Amen dazu. Weil das ein schönes Bild ist in meiner Vorstellung: Gräber öffnen sich, so wie der Stein von Jesu Grab weggerollt war. Und Gott auch uns zu sich, aus den Gräbern heraufholen wird. In die Ewigkeit.
Aber zuallererst müssen wir feststellen, dass wir nicht dieses Volk sind, zu dem Hesekiel hier spricht. Er spricht im Namen Gottes zu Gottes Volk Israel.
Die hatten den Tod erlebt. Ihr Land war vernichtet worden –
Das war im Jahr 587 von Christus, und Hesekiel war dabei.
Sie waren verschleppt worden und waren wie tot.Sie hatten den Tod erlebt. Und seitdem erlebt Gottes Volk Israel das immer wieder. Die Geschichte des Antisemitismus reicht weit zurück bis in unsere Gegenwart. Nein, diesWorte Hesekiels gelten erst einmal nicht uns – zuerst gelten sie Gottes Volk.
Man kann die Politik des Staates Israel kritisieren. Aber Kritik an der Politik Israels – und Haß auf die Juden: Das sind zwei verschiedene Dinge.
Das eine ist erlaubt. Das andere ist Sünde. Diesem Volk – Israel – ist das Leben zugesagt. Wenn wir an den guten Filmen mitdrehen –von Frieden und Liebe gilt auch uns dieses Wort: Daß aus dem Tod wieder Leben wird.
Und dann wird die Geschichte vom auferstehenden Totenfeld auch unsere Geschichte.
So enden die Verse aus Hesekiel in unserem Predigttext für heute:
Gott spricht: 14Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich der Herr bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der Herr.
Wir sind nicht dieses Volk. Und wir sind es doch. Heute feiern wir nämlich Pfingsten. Und da steckt die ganze Geschichte von Gottes Volk dahinter.
Von Hesekiel und noch vorher. Und Jesus, der aus dem Volk Israel stammt und ein Jude aus Nazareth war. Der für uns gestorben und auferstanden ist und aufgefahren in den Himmel. Der seinen Heiligen Geist geschickt hat, das feiern wir heute. Und wir gehören durch die Taufe mit in diese Gemeinschaft der Be-geist-erten. Der Heilige Geist kann Totenfelder lebendig machen. Er baut Kirche und erhält sie.
Es gab helle und dunkle Zeiten im Laufe der Geschichte der Kirche. Manchmal haben Menschen Vernichtungsworte gesprochen. Im Namen Gottes.
Aber Gott ist es, der uns Schöpfungsworte geben kann, wir müssen gut zuhören. Und Gott etwas zutrauen. Alles zutrauen.
Gott ist die Liebe. Das ist und bleibt oberster Maßstab. Jeglicher Worte. Gegen alles Töten und allen Haß. Dann entsteht Leben. In uns und in unserer Welt.
14Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und ihr sollt erfahren, dass ich der Herr bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der Herr.
Heute ist Pfingsten, wir können erfahren, dass Gott der Herr ist.
Dass er bei uns ist mit seinem Heiligen Geist. Das ist kein Gruselfim. Und wir werden garantiert kein Kissen brauchen. Wir können hinsehen und was wir sehen, ist schön.
Amen.