2024-12-15 - 3. Advent - (DE) - Pastorin Kornelia Schauf

Römer 15, 4-13


predigt english


Römer 15, 4-13


Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.

Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht,

damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.

Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind;

die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht Ps 18,50: »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.«

10 Und wiederum heißt es 5. Mose 32,43: »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!«

11 Und wiederum Ps 117,1: »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker!«

12 Und wiederum spricht Jesaja Jes 11,10: »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen.«

13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.


Liebe Gemeinde,

Paulus bringt es auf den Punkt: ihr Christen in Rom, ihr seid grundverschieden. Paulus guckt sich diese bunte Mischung an und fragt sich: Wie soll das gehen, dass diese grundverschiedenen Menschen eine Gemeinde sind.

Paulus benutzt Worte, die Gemeinschaft ausdrücken: „einträchtig“ und „einmütig“ So stellt er sich das Miteinander der grundverschiedenen Menschen vor. Sie sind grundverschieden in ihrem Glauben, obwohl sie zusammen Gottesdienst feiern.

Die eine Gruppe sind jüdische Menschen, die an Jesus glauben. Von Kindesbeinen wurde ihnen beigebracht, wie eine jüdische Person „richtig“ glaubt. Ihr Glaube ist keine Privatsache und wird nicht im stillen Kämmerlein praktiziert, sondern ist öffentlich und sichtbar.

Das Jahr ist bestimmt von unterschiedlichen religiösen Zeiten. Die Woche ist strukturiert durch den Sabbat.

Die Tage sind geordnet durch bestimmte Gebete.

Das ganze jüdische Leben ist von einer Sehnsucht bestimmt, dass Gott sich in der Welt zu Hause fühlen kann.

Es ist die Sehnsucht, die Welt an der Gerechtigkeit Gottes auszurichten.

Der jüdische Teil der Gemeinde möchte Gott gefallen. Sie möchten „richtig“ leben und es „gut machen“. Dazu gehört, dass sie ihre Traditionen sehr ernst nehmen. Jüdische Menschen fühlen sich als Teil einer langen Generationenfolge, bis hin zu Vater Abraham.

Auch Jesus selbst steht in so einer langen Tradition und es macht Sinn, dass Matthäus sein Evangelium mit dem Stammbaum Jesu beginnt.

Zum kollektiven Bewusstsein einer jüdischen Gemeinde gehört, dass sie ein kleines Volk sind und dass sie

verfolgt werden. Zu ihrem Verständnis der Welt gehört der Gedanke, einen besonderen Auftrag in der Welt zu haben: Gott sichtbar werden zu lassen.

Nun gibt es davon grundverschiedene Menschen in Rom. Die Römer. Die Heidenchristen.

Sie kommen mit einem anderen Selbstverständnis: Rom war der Mittelpunkt der Welt. Kaiser Augustus so mächtig und stark. Das Römische Reich dehnte sich aus und erweiterte sich Land um Land. Zum kollektiven

Bewusstsein gehört: Wir machen, was wir wollen. Wir erobern die Welt.1Und unter ihnen gab es nun auch Menschen, die von Jesus Christus begeistert waren.

So gründeten sich Gemeinden. Da kamen Menschen mit grundverschiedenen Traditionen und Weltanschauungen und Geschichten zusammen.

Und die sollen nun einmütig und einträchtig zusammenleben.

Während ich mich in die Situation in Rom hineinversetze, wird mir deutlich, dass in unserer Johannesgemeinde ebenso grundverschiedene Menschen zusammen sind.

Da begegnen mir die Personen, die aus einer Missionarsfamilie kommen. Das Erste, was ich von ihnen höre:

Das ist ihr Stammbaum: der Großvater oder Urgroßvater war als Missionar gekommen und dann werden die Verwandtschaftsverhältnisse erzählt.

Die Kinder und Kindeskinder reihen sich ein in die Missionsgeschichte – sie bewahren ihre Herkunft. Sie halten Traditionen aufrecht. Sie erzählen die alte Geschichte. Das Kirchenjahr spielt eine große Rolle. Der wöchentliche Gottesdienst am Sonntag ist ein Höhepunkt der Woche. Der Tag ist durch Morgen- und Abendgebet strukturiert. Und das Leben ist davon bestimmt den Glauben im Alltag zu leben.

Mir fällt auf, das ist ganz ähnlich wie im jüdischen Teil der Christen in Rom.

Und dann gibt es da die anderen: auch eine bunte Mischung. Da haben wir die Weltbürger: Expatriates, die in der ganzen Welt zu Hause sind – wie die Römer. Menschen, die die Welt erobern für sich und denen die ganze weite Welt offensteht.

Sie sind Menschen mit Welterfahrung. Sie wissen schon, dass das Leben sehr unterschiedlich sein kann und dass man sich anpassen kann.

Die große Frage, die Paulus beschäftigt: Ist nun die eine Lebenshaltung besser als die andere? Ist es richtiger, immer so weiterzuleben, wie es einem die Eltern und Großeltern und Urgroßeltern beigebracht haben? Oder ist es besser, wenn man offen ist für alle möglichen Erfahrungen und Einflüsse? Wenn die eigene Herkunft nicht so wichtig ist, sondern die eigene Welterfahrung.

Was ist nun besser, wenn man die Geschichte der Väter und Mütter ehrt und bewahrt und sei es manchmal noch so schwer, doch versucht, ihnen gerecht zu werden und die Tradition zu bewahren?

Oder ist es besser, das alles hinter sich zu lassen, die Welt zu erobern für sich und mitzunehmen, was man kann?

Das ist eine müßige Frage: denn es gibt sie ja beide: beide Gruppen sind da in Rom und in beiden Gruppen berufen sich Menschen auf Jesus Christus.

Daher ist Jesus Christus, derjenige, der sie verbindet. Er verbindet die Tradition mit der Freiheit. Das Gesetz mit der Barmherzigkeit. Die Wahrheit mit der Gerechtigkeit. Den Frieden mit der Sanftmut.

Jesus Christus verbindet.

Darum wird im Stammbaum, den Matthäus ihm gibt nicht rein chronologisch seine Herkunft bestimmt, sondern in Jesus Stammbaum landen Menschen, die stellvertretend für eine bestimmte Gruppe von Menschen stehen:

Ruth für die Flüchtlinge.

..

Jesus Christus verbindet.

Hier sind wir: eine Gemeinde. Keiner von uns wird dem anderen sagen: du gehörst nicht zu uns.

So weit so gut.

Gleichwohl: so sehr wir bekennen: wir gehören zusammen. Im Alltag kann das anstrengend werden und eben zu tiefen Konflikten führen.

Vor allem wenn beide Seiten mit der Schrift argumentieren. Paulus führt uns das hier wunderbar vor: Die einen zitieren Psalm 18. Die anderen berufen sich auf 5. Mose.

Die einen nehmen Psalm 117 als Argument und die anderen Jesaja.

Was sie alle verbindet: Sie wollen es Christus recht machen! Sie wollen als Christen so leben, dass die Welt erkennt, dass sie Christen sind.

Und Paulus lässt sie nun wissen: Das schafft keiner allein! Keiner, der für sich in Anspruch nehmen kann, am besten und angemessensten, am „richtigsten“ Christus zu folgen. Im Gegenteil: Paulus betont: Es geht nicht um den Glauben des einzelnen: Es geht um die Verbindung des einen mit der anderen. Es geht um das gegenseitige Annehmen.

Nur in der Gemeinde, nur in der Gemeinschaft wird sichtbar, wie Jesus Christus wirkt und was Jesus Christus bewirkt: er macht aus Fremden Freunde. Er macht aus grundverschiedenen Menschen Bruder und Schwester.

Menschen, die annehmen, dass der andere ebenso „recht hat“ mit seiner Gotteserkenntnis.

Es entsteht eine Gemeinschaft, in der nicht mehr zählt, woher wir kommen, sondern in welche Zukunft wir aufbrechen, unterwegs bleiben und den Weg gemeinsam gestalten.

Das Verbindende ist Christus und sein Auftrag, seine Berufung in der Welt. Dazu beruft er die Gemeinde: Hier in der christlichen Gemeinde leuchtet etwas auf, was für den Rest der Welt kaum zu glauben ist: Hier sind grundverschiedene Menschen einträchtig und einmütig zusammen – hören gemeinsam auf Gottes Wort, streiten sich in Liebe um die Auslegung des Wortes und kümmern sich gemeinsam um die, die unter die Räuber gefallen sind. Da zählt auch nicht die Herkunft der Helfer, sondern ihr Mitgefühl und ihre Bereitschaft zum Teilen.

Im Advent wird uns das als Gemeinde ins Stammbuch geschrieben: Zu unserem christlichen Stammbaum gehören Juden und Heiden. Sklaven und Freie. Zu unserem christlichen Stammbaum gehören Deutsche und Südafrikaner. Schwarze und weiße.

Zu uns gehören die Grundverschiedenen – wir sehen sie nicht als Fremde oder Gegner. Sie sind unsere Brüder und Schwestern.

Das erfahren wir und dann wieder geht es uns verloren. Wir scheitern an unserer Menschlichkeit, an Eitelkeit und Wettbewerb. Wir verletzen andere, weil wir unsere Erkenntnis verabsolutieren.

Wir bleiben in der Spannung von „Schon und noch nicht!“ Schon ist Christus mitten unter uns und noch ist er nicht da.

Advent – wir warten nicht nur auf ein schönes Weihnachtsfest, sondern wir warten der Zeit entgegen, in der unsere Geduld belohnt wird, und wir vom Leiden befreit sind:

Wir warten auf die Zeit, in der wir nicht von der Hoffnung leben und der Welt Hoffnung schuldig sind, sondern wir alle eins sind – und Frieden auf Erden geworden ist.

Dieser Friede, der Friede Gottes bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

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