Predigten - 2025

Apostelgeschichte 16,23-34


predigt english


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

das bekannte Kirchenlied, das wir bei vielen Trauerfeiern singen: „So nimm denn meine Hände“ hat Julie Hausmann nach ihrer Ankunft in Afrika geschrieben. Sie kam aus Lettland und war mit einem jungen Pfarrer verlobt, der im Missionsdienst war. Sie musste ihre Dokumente in Ordnung bringen, kam dann nach Afrika, um festzustellen, dass ihr Verlobter kurze Zeit vorher an einer Seuche gestorben war. In tiefster Not, gefangen in Trauer und in einer Welt, in der sie total fremd war, dichtete sie dieses Lied. „Wenn ich auch gleich nichts spüre, von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht“

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“, dieses Trostlied verdanken wir dem Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der es im Gefängnis, beim Jahrewechsel 44/45, im letzten Kriegswinter schrieb.

„Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern, des Leids gefüllt bis an den hohen Rand, so nehmen wir in dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand.

„Nun sich das Herz in alles findet, was ihm an Schwerem auferlegt, komm, Heiland, der uns mild verbindet, die Wunden heilt, uns trägt und pflegt.“ dichtete Jochen Klepper 1941, ein Jahr bevor er,

seine Frau und Tochter in den Tod gingen, am Tag als alle Versuche sich ins Ausland zu retten, gescheitert waren. Gefangen in dem Judenhass seines Heimatlandes.

Ich lese den Predigttext für heute

Apostelgeschichte 16, 23-34


23 Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Kerkermeister, sie gut zu bewachen. 24Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.

25 Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen. 

26 Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die Fesseln ab.

27 Als aber der Kerkermeister aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen. 

28 Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier! 

29 Der aber forderte ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. 30Und er führte sie heraus und sprach: Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? 

31 Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! 

32 Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren. 33Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen

34 und führte sie in sein Haus und bereitete ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.


Lieder vom Vertrauen auf Gott, Loblieder im Gefängnis haben eine lange Tradition. Von außen betrachtet, wirkt es auf den ersten Blick befremdlich. Was gibt es da zu loben – im Gefängnis?

Wofür soll da jemand dankbar sein, der keinen Ausweg mehr sieht?

Weiter singen, weiter beten, weiter vertrauen – die Apostelgeschichte richtet sich an Menschen, die bedroht sind und in großer Angst leben.

David singt dem verstörten und beängstigen König Saul Lieder vor und spielt für ihn auf der Harfe.

Es ist kein Wunder, dass Kirchenmusik in der christlichen Tradition so eine besondere Rolle spielt.

Die Musik ist eine Sprache Gottes – sie berührt die Herzen, sie tröstet die Trostlosen und ermutigt die Hoffnungslosen. In ihr finden Menschen Auswege.

Sie berührt Herzen: Petrus und Silas singen und sie bewahren in der Not ihre Mitmenschlichkeit.

Auch gegenüber dem sogenannten Feind – dem Gefängniswärter. Es wäre ihnen ein Leichtes gewesen, wegzulaufen. Es hätte den Kerkermeister sein Leben gekostet.

Was geht das Petrus und Silas an? Jeder hätte verstanden, wenn ihnen das in dieser Situation gleichgültig gewesen wäre.

Hier aber sind wir beim Kern unseres christlichen Lebens: In keiner Situation sollte uns das Schicksal eines Mitmenschen gleichgültig sein.

Von Dietrich Bonhoeffer wird berichtet, dass er im Gefängnis den Mitgefangenen noch Seelsorger war und sogar den Gefängniswärtern freundlich gegenübertrat.

Ja, oft wäre es ein Leichtes, die Augen zu schließen, wenn jemand des Weges kommt, der auf unsere Unterstützung angewiesen ist. Oft ist es viel einfacher, unberührbar zu werden, den anderen abzustempeln als Gegner und Feind und darin eine Legitimation zu sehen, dass ich ihm nun nicht mehr menschlich begegne.

Dieser Abschnitt aus dem Neuen Testament zeigt, dass solches Denken zumindest für Petrus uns Silas undenkbar war. Sie können nicht einerseits Loblieder singen und anderseits gleichgültig sein gegenüber dem Schicksal des anderen, des Fremden, desjenigen, der sie gefangen hält.

Mitmensch bleiben denen gegenüber, die uns verletzen. Nein, das bedeutet auf keinen Fall sich alles gefallen zu lassen.

Lukas erzählt ja nicht, dass Petrus und Silas freiwillig gefangen bleiben. Nein, sie wollen frei sein.

Sie nehmen nicht hin, dass ihre Verhaftung unrecht ist.

Doch sie entkommen dem Entweder ich oder der andere, entweder wir oder die!

Das Wunder, das Lukas hier erzählt: Am Ende haben alle gewonnen. Für alle hat sich das Leben zum Guten gewendet.

Echtes Mitgefühl und die tiefe Einsicht, auch mir kann es nur gut gehen, wenn es dem anderen

ebenfalls gut geht. Wenn es dem von der anderen Seite, dem Gegner gut geht.

Damit sind wir bei einer Kernfrage unserer christlichen Diakonie und unserem Einsatz für andere Menschen. Geben wir „nur“ Almosen. Ist unser Handeln ein Handeln, bei dem wir die Starken sind und den Schwachen ein bisschen abgeben – oder erkennen wir in der Not des anderen unsere Not.

Erkennen wir, dass wir wirklich verbunden sind und zusammengehören.

Wir haben vorhin von der Arbeit im Babytherapiezentrum und in der Schule Crysalis gehört. Eines der Ziele ist, dass Menschen mit Einschränkungen, schwersten Einschränkungen nicht als „die anderen“ abgestempelt werden – „die anderen“, denen wir ein bisschen abgeben. Nein, sie sind unsere Familienmitglieder.

Diese beiden Gedanken nehme ich heute mit:

1.Die Kraft, die aus dem Loben kommt, aus der Musik, aus dem neuen Lied, das wir anstimmen – mitten in der Not

2.Die Einsicht, die wächst, dass nichts in der Welt uns einen Grund gibt, uns über andere zu erheben.

Darin liegt die Rettung des Gefängniswärters – er wurde als Mitmensch wahrgenommen und nun verhält er sich auch so: Was muss ich tun, um gerettet zu werden?

Wie entkomme ich dieser Not, Menschen zu schlagen, sie einzusperren, sie als Feinde und Gegner zu misshandeln?

„Glaube an Jesus“ ist die schlichte Antwort.

Vertrau darauf, dass die Weise, wie Jesus gelebt hat, ein Weg ist, der zum Frieden führt.

Der Kerkermeister atmet auf – Freude kehrt bei ihm ein. Die Freude wieder Mensch zu sein.

Dietrich Bonhoeffer hat daran festgehalten und hat so bis zum letzten Tag gelebt. Er ist Kerkermeistern begegnet – die von seinen Liedern und Gebeten zwar berührt waren, doch gefangen blieben – es hat Bonhoeffer sein Leben gekostet.

Nein, es geht nicht immer gut aus. Nein, es ist nicht so, dass wir mit einem menschlichen Verhalten

verhindern, dass uns Unmenschliches widerfährt.

Nein, auch mit einem Babytherapiezentrum und einer Schule verändern wir nicht die Welt –. Lohnt sich deshalb die Mühe nicht?

Das wäre ein berechnendes Abwägen – doch wenn es um das Lob Gottes geht und die Nachfolge Jesu, dann geht es nicht um berechnendes Abwägen, sondern liebevolle Hingabe. An anderer Stelle in der Apostelgeschichte heißt es: „Wir können ja nicht anders als von dem erzählen, was wir erlebt haben.“

Wir werden klug wie die Schlangen und mit allen Wassern gewaschen, als getaufte Christen in der Welt immer wieder einen anderen Ton anschlagen, ein Loblied singen auf Gott, der uns zur Menschlichkeit befreit.

Und wenn wir Glück haben, widerfährt uns die Gnade im Leid zu merken, dass Gott unsere Hände nimmt und uns leitet – auch wenn wir nichts von seiner Macht spüren.

Wenn wir Glück haben, widerfährt uns die Gnade, uns in jedem Moment unseres Lebens – von guten Mächten wunderbar geborgen zu wissen.

Wenn wir Glück haben, dann widerfährt uns die Gnade, dass unser Herz und unsere Seele sich im Schmerz bewahrt und behütet weiß.

Der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herze und Sinne in Christus Jesus.

Lasst uns singen, wir können ja nicht anders!

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